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Im Rumpel, wenige Meter hinter der Marktgasse in Rheinfelden, meckert um 9, 12, 15 und 17 Uhr der Ziegenbock. Eine Art Würdigungsritual für den tapferen Schneider auf dem Hochsitz. An seine Tapferkeit soll auch das Glockenspiel erinnern und Alt und Jung erfreuen. So volkstümlich die Story vom Ziegenbock daherkommen mag, sie erinnert an traurige, harte und große Kriegsnöte. Der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) ist eine der schlimmsten Zeitepochen, die je das Fricktal und im besonderen die Stadt Rheinfelden heimgesucht haben. Mit der Schwedenbelagerung war die Stadt buchstäblich ausgehungert. Das war jedenfalls die Annahme durch die Angreifer, welche alles schon siegesbewusst vollständig umzingelt hatten. Plötzlich aber tauchte ein gut gemästeter Ziegenbock auf der Mauer auf zur totalen Verblüffung der Belagerer. «Die Nahrungsreserven müssen beachtlich sein, wenn noch ein solch prächtiger Bock auf der Mauer paradieren kann», war die klare Lektion an die ohnehin belagerungsmüden Schweden. Sie zogen ab, die Stadt war frei. Der tapfere Schneider hatte sich gleich selbst in das Fell des letzten geschlachteten Ziegenbocks eingenäht und begab sich meckernd auf den Wehrgang der Stadtmauer. Das Glockenspiel an der Gedenkstätte wurde dazu gesellt, um dem tapferen Schneider, dem «Täuschungshelden» die Stadtrettung zu verdanken. – Über bröckelnde Sicherheiten und die Stadt zwischen den europäischen Mächten bringt das Geschichtsbuch der Stadt «Drinnen, Draußen, Dabei» von 2013 viel Wissen und Zusammenhänge an den Tag. Vier namhafte Autoren geben interessante Einblicke in die Geschichte. Sie erklären und begründen auch die zeitweilige Isolation des Fricktals, die «Militärstadt Rheinfelden» in einer Epoche, wo die Stadt Basel wirtschaftlich aufblühte, dank ihrer Verbindung und Beziehung zur Eidgenossenschaft. Eine Autorin schlägt den Bogen zur Gegenwart mit «Stadtentwicklung und grenzüberschreitende Zusammenarbeit ab 1950». Wer also neben der Story über den listigen Schneider mehr Vertiefung und geschichtliche Zusammenhänge sucht, dem sei dieses faktenreiche Buch sehr empfohlen. Stadtammann Mazzi schreibt im Geleitwort: «Unsere Stadt ist durch Jahrhunderte von dem Strom der Kriegsereignisse geprägt worden, man nennt sie auch die kleine Stadt mit den großen Erinnerungen».