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Im Mai 2020 jährte sich zum 75. Mal das Ende des Zweiten Weltkrieges. In der Barfüsserkirche Basel werden seit 1894 ausgewählte Themen zur Geschichte ausgestellt und dokumentiert. Noch bis zum 28. März 2021 wird hier die Ausstellung «Grenzfälle, Basel 1933 – 1945» präsentiert. Sie ist anspruchsvoll und tiefgründig zugleich, reich an Fakten zu einer äusserst dramaerfüllten Zeitepoche in diesem «Nordzipfel der Schweiz». Im Christoph Merian Verlag ist eine Begleitpublikation erschienen, die sich an eine breite Leserschaft richtet und an welcher 14 Autorinnen und Autoren mitgearbeitet haben (Buchhandel ISBN 978-3-85616-916-9). Es gibt auch eine interessante Fricktaler-Publikation von 2004. Zum Gemeindejubiläum erschien das Buch «Magden», in welchem Bruno Müller über den Zweiten Weltkrieg aus regionaler Sicht einen umfassenden Beitrag schrieb. Die Schlusstragödie des grausamen Krieges fasste Müller wie folgt zusammen: «Die deutsche Niederlage im Russlandfeldzug war der Anfang vom Ende des (Tausendjährigen Reiches). Mit der Ardennenoffensive scheiterte im Dezember 1944 Hitlers letzter Versuch, das Schicksal nochmals zu wenden». Für die Nordwestschweiz gab es über das Kriegsende hinaus unterschiedliche Meinungen über die Aufnahme von Flüchtlingen. Die humanitäre Tradition der Schweiz und der Überfremdungs-Diskurs standen sich immer wieder gegenüber. In Basel war man sich bewusst, dass die Grenze zwischen dem nationalsozialistischen Deutschland und der neutralen Schweiz eine Grenze des Schicksals war. «Das zeigt die Geschichte eines älteren jüdischen Ehepaares, das am 24. Dezember 1942 bei Basel über die Grenze fliehen konnte. Da sie ihre Handtasche verloren hatte, kehrte die Frau um. Sie fiel in die Hände einer deutschen Patrouille. Wenig später hatte sie sich das Leben genommen». Die Unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg (UEK) kam zum Schluss, dass die Schweizer Behörden dazu beigetragen hatten, dass das NZ-Regime seine Ziele hatte erreichen können. Dieser Satz entzündete eine heftige Kritik. Wie schon im Nationalrat 1957 kam die UEK zum Schluss, dass die Schweiz «Menschen in höchster Lebensgefahr Hilfe verweigerte und eine am Gebot der Menschlichkeit orientierte Politik viele Tausend Flüchtlinge vor der Ermordung durch die Nationalsozialisten bewahrt hätte». Aber es gibt auch andere eindrückliche Fakten. «Insgesamt hat die Schweiz in den Jahren 1933 bis 1945 rund 296’000 Schutzsuchende aufgenommen, u.a. 22’000 jüdische Verfolgte, viele Grenzflüchtlinge und 60’000 Kinder, die zumeist für einen Erholungsurlaub in der Schweiz weilten». Im Jahr 1944 wurden die Hallen der Schweizer Mustermesse wiederholt zur Einquartierung von Flüchtlingen genutzt. Sie waren offen für gerettete ungarische Juden, wie auch für die nach Basel geflüchteten Elsässerinnen und Elsässer. Der Besuch der Ausstellung und die Lektüre des Begleitbuches können nur empfohlen werden. Beides führt zu Fakten und auch neuen Erkenntnissen, die in unserer labilen Zeit, teilweise geprägt von sturen Behauptungen und simplen Oberflächlichkeiten, die Suche nach Recht, Mitmenschlichkeit und Wahrheit fördern können.