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Unser Land ist der Neutralität verpflichtet. Im Kern geht das auf den Wiener-Kongress von 1814/15 zurück. Das Land war damals zerrüttet. Ohne Uebertreibung darf man feststellen, dass die Schweiz 1848 neu gestaltet und gefestigt wurde. Die Verfassungsmacher zimmerten ein politisches Gesamtkunstwerk. 1847 raffte sich die Eidg. Tagsatzung dazu auf, eine Kommission mit der Ausarbeitung eines neuen Grundgesetzes zu beauftragen. Es dürfte die wichtigste Kommission gewesen sein, die es in der Schweiz je gab. Sie hatte 23 Mitglieder, auf Vorschlag der Kantone gewählt und in 31 Sitzungen an insgesamt 51 Tagen wurde das Verfassungswerk geschaffen. Viele Elemente, welche in der neuen Verfassung Einzug hielten, waren längst bekannt. Es ging aber um die Gewichtung und Einordnung, es ging um ein Konstrukt, das mehrheitsfähig war und endlich der revolutions- und krisengeschüttelten Schweiz eine sichere und zukunftsweisende Grundlage verschaffen konnte. Vorweg ging es um elementare Grundsätze, wie etwa den, die Menschen so zu behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Es war noch eine „Männerdemokratie“, denn bekanntlich erst 1971 wurde das Frauenstimmrecht eingeführt. Aber bereits in der ersten Verfassung fanden Grundsätze wie das Respektieren und Akzeptieren der Unterschiede in der Religion, der Weltanschauung und des Geschlechtes volle Beachtung. Zusammengefasst war es eine Deklaration dafür, dass der öffentliche Raum allen gehört, für alle Bürger dasselbe Recht anzuwenden ist und das Bekenntnis zu den universellen Prinzipien der Menschenrechte gehörte selbstverständlich dazu. Grosse Worte…und die Realität? Unsere Verfassung wurde regelmässig den Zeitumständen angepasst. Aktuell trat die letzte Revision 1999 in Kraft. Wir haben also kein verstaubtes Werk. Neutralität verpflichtet zum Konsens. Wer diesen erreichen will, muss der Polarisierung entgegentreten. Die grösste Gefährdung für unser Staatswesen sind Extrempositionen, der blinde Eigennutz und eine zu grosse Machtkonzentration. Die Teilung der Macht war eine grosse Geburtshilfe für den Föderalismus, für einen Bundesstaat mit einer subtilen Entwicklung von unten nach oben. Entscheidend hat dazu beigetragen, dass die Helvetik mit einem starken Zentralstaat nur für kurze Zeit bestehen konnte und viele Kompetenzen den Gemeinden und Kantonen verblieben. „Damals war die Schweiz der Zeit voraus, die Verfassung von 1848 war schlicht ein Meisterwerk“, schreibt der kritische Thomas Hürlimann. Wir haben ein gutes Grundlagenwerk für eine demokratische Schweiz sowohl aus liberaler, konservativer und sozialer Sicht. Am einfachsten für jedermann erklärbar ist diese Konkordanz-Demokratie mit der Mehrparteien-Regierung. Jedes Mitglied einer Exekutivbehörde in der Schweiz weiss, dass man nicht durch das Nadelöhr auf einen einzigen, schmalen und eingegrenzten Politikbereich sehen kann. Es braucht Auge und Ohr für das Ganze, viel Sachwissen und den unabdingbaren Willen zur Kooperation. Die aktuell gültige Verfassung kann unter <www.admin.ch> www.admin.ch als PDF herunter geladen werden (97 Seiten).