Bild anzeigen

Bis 1976 war die Gipsi in Kienberg/SO in Betrieb. Eine über mehr als 100 Jahre lange Abbautradition war damit am Ende. Gips war in Kienberg schon recht früh bekannt. Als nach dem Brand von 1661 der Pfarrhof umgebaut werden musste, berichtete der damalige Landvogt von Gösgen, Urs Sury, dem Rat nach Solothurn, Estrich und Gangböden wie auch die «Kuchi» könnten mit Gips belegt werden, weil da Gips in jeder Qualität vorhanden sei. 1903 erwarb die Gips-Union AG die Kunden-und Gipsmühle des Isidor Rippstein und kaufte gleichzeitig das Gipswerk Burkhardt mit dem Gipslager im Oberdorf. Um 1906 erbaute die Genossenschaft eine neue Gipsfabrik mit einer Seilbahn von 1209 m Länge zum «Kohlhölzli». Die Gemeinde Wittnau machte andauernd Schwierigkeiten, weil die Gipsfuhren die Straße beeinträchtigten. So wurden sogar Fuhren nach Sissach ausgeführt. Wegen der prekären Verkehrsverhältnisse suchte man nach neuen Transportmöglichkeiten. Im Februar 1897 wurde im «Hirschen» in der Gipf über eine zu erstellende elektrische Straßenbahn beraten. Obwohl einige Beiträge für die Projektierung zusammenkamen, scheiterte das Projekt an der Finanzierung. 1910 bildete sich unter Lehrer Beck in Wittnau ein Komitee für einen zweiten Anlauf. Kienberg beschloss einen Beitrag von 40 000 Franken an das Aktienkapital und die Projektkosten wurden auf 742 000 Franken errechnet, ein Jahr später war der Kapitalbedarf aber bereits auf 975 000 Franken gestiegen und die Aargauer Regierung lehnte einen Beitrag von 200 000 Franken ab. Die Eidg. Räte erteilten zwar die Konzession, aber das Projekt scheiterte an der fehlenden Finanzierung. In der neueren Geschichte spielte Ernst Rippstein eine dominante Rolle. Ihm gelang es nach zähen Verhandlungen die Straße nach Frick unter vielen Auflagen wieder benützen zu dürfen und seinen Gipsabbau im Lindacher übergab er der Gips-Union. 1938 wurde die Produktion von Modellgips in einem Neubau der bestehenden Fabrikation angegliedert. Das war die Blütezeit der Gips-Industrie in Kienberg, die damals über 30 Arbeitskräfte beschäftigte. Drei Gründe führten zum langsamen Niedergang: Gutes Rohmaterial fehlt zusehends, die besten Steinschichten waren abgebaut. Es fehlte während des 2. Weltkriegs an Arbeitskräften und nach dem Krieg zeigte die anlaufende wirtschaftliche Hochkonjunktur genügend Arbeitsplatzmöglichkeiten in der Region. Aus der Gipsgrube wurde ein Naherholungsgebiet. 2002 kaufte Pro Natura das sieben Hektar große Areal. Dieses gilt heute als Geheimtipp für Wanderer und Naturfreunde. Der neu gegründete Verein «Dorf plus» hat sich formiert und will mit kleinen und größeren Projekten Ansprechpartner für den Jurapark werden, bei welchem die Gemeinde seit Jahren Mitglied ist. Bild: Das Gipsi-Areal ist heute ein Naherholungsgebiet für Wanderer und Naturfreunde.